Das Schildkrötendorf in Gonfaron
Infos (Anfahrt etc.) NEU: Besuch 2000
In dem 1985
gegründeten Schildkrötendorf im Süden Frankreichs im Massif des
Maures, versucht man durch Nachzucht der einzigen in Frankreich heimischen Landschildkröte
Testudo hermanni hermanni den Fortbestand dieser Art zu sichern. Durch
die Aufzucht der Nachzuchten und späteres Wiederauswildern versucht man
den Fortbestand der Art, die nur noch im Maurengebirge vorkommt, zu unterstützen.
Dazu werden die Weibchen zur Eiablagezeit in ein gesondertes Eiablage-gehege
gebracht. Es gibt insgeamt 3 Zuchtgruppen von Testudo hermanni hermanni mit
je 60 Tieren (15 Männchen, 45 Weibchen).
Die Jungen werden dann natürlich ausgebrütet und in den stark an ihr
Ursprungsbiotop angepassten Gehegen so naturnah wie möglich
3-5 Jahre aufgezogen. Danach kommen sie für längere Zeit in ein Auswilderungsgehege
, in dem auch nicht mehr zugefüttert wird. Überstehen sie die Testphase
in diesem Gehege gut, werden sie an geeigneten Stellen
im Maurengebirge ausgewildert.
Außerdem können aus den Regionen um das Dorf herum verletzte, ausgesetzte
oder nicht mehr gewollte Schildkröten aller Arten abgegeben werden, um
die man sich hier kümmert.
Das Dorf finanziert sich über Spenden, Eintrittsgelder und den Verkauf
von Souvenirs. Das Grundstück wurde von der Stadt Gonfaron kostenlos zur
Verfügung gestellt.
Viele der Mitarbeiter sind Freiwillige aus ganz Europa, z.B. Studenten oder
Schüler, die einige Wochen oder Monate aushelfen. Die Gehege sind großzügig
ausgelegt und mit durchaus informativen dreisprachigen Tafeln bestückt.
Man kann auch Führungen mitmachen, allerdings auf Deutsch nur dann, wenn
gerade deutsche Mitarbeiter vor Ort sind. Seinen Besuch sollte man am Vormittag
oder späten Nachmittag vornehmen, da die Tiere hier am aktivsten sind.
In der Mittagshitze verkriechen sie sich. Ich würde für einen Besuch
ruhig 3 - 4 Stunden einplanen, wenn man die Tiere in Ruhe beobachten will.
Für Fotos, auf das
Schild klicken!
(Durch Anklicken der Fotos lässt sich die Ansicht vergrößern.)
Außer Testudo hermanni hermanni werden in dem Dorf noch folgende Arten
gehalten: Testudo hermanni boettgerie, Testudo graeca spec.(bis 1999),
Testudo marginata spec., Agrioneyms horsfieldi und Emys orbicularis.
Bedauerlicherweise wird außer Testudo h.h. nur noch Emys orbicularis
nachgezogen, wobei es sich dabei wohl eher um Zufallsnachzuchten handelt und
nicht um gezielte Zuchtbemühungen.
Alle anderen Arten sind nach Geschlechtern getrennt in verschiedenen Gehegen
untergebracht.
Pro Jahr werden nach Aussage des Dorfes etwa 500 - 600 Nachzuchten ausgewildert.
Dem stehen geschätzte Naturentnahmen durch Touristen und Tierhändler
von 5000 - 6000 pro Jahr entgegen. Diese Zahl dürfte inzwischen drastisch
gesunken sein, da man den Gesamtbestand in Frankreich per 1994 auf nur noch
85.000 Tiere geschätzt wurde. Somit sollte die Zahl der Entnahmen schon
allein von der Gesamtzahl der Tiere her, gesunken sein.
Die Bemühungen, um die Zucht von Testudo hermanni hermanni sind,
soweit man das beurteilen kann, vorbildlich. Seit Jahren setzt man hier in der
Tierklinik schon Polyesterharz eingesetzt, um Panzerschäden zu heilen.
Veränderungen
Ich besuchte das Dorf 1994
und 1999. Letztes Jahr hatte ich das Gefühl, daß das Dorf gegenüber
1994 touristischer geworden ist.
Außer den genannten Arten gab es jetzt noch 3 Strahlenschildkröten
(Asterochelys radiata), 3 Pantherschildkröten (Geochelone pardalis), 2
Spornschildkröten(Geochelone sucalta) und 3 Maurische Sumpfschildkröten
(Mauremys caspica). Außer bei Mauremys caspica, deren Gehege sehr ansprechend
und natürlich eingerichtet war, wenn auch zu klein, hatten die sonstigen
Schildkröten jeweils nur noch ein kleines Gewächshaus zur Verfügung.
Geochelone radiata (links) und Geochelone pardalis (rechts) werden auch im Schildkrötendorf
gehalten
Zwar war auf den dazugehörigen Schildern vermerkt, daß die Tiere
in ihren Heimatländern wieder ausgewildert werden sollen, allerdings sind
wohl kaum in allen Heimatländern die Möglichkeiten dafür vorhanden.
Zum Zweiten war der Zustand der Tiere durch falsche Haltung der Vorbesitzer
zum Teil so schlecht, daß sie kaum eine Auswilderung überleben würden.
Mir drängte sich der Eindruck auf, die Tiere seien eher als Attraktion
gedacht. Außerdem wurden auch im Jahre 1999 keine Anstalten gemacht, die
anderen Arten zu züchten.
All dies ließe sich vielleicht noch erklären, was ich aber wirklich
bedauert habe, ist die Tatsache, daß man die Nachzuchtzahlen in den 5
Jahren kein bißchen gesteigert hat. Bedauerlich finde ich außerdem,
daß man so wenig von privaten Schildkrötenhaltern hält, denn
hier gäbe es ansonsten bestimmt Potential für eine enge Zusammenarbeit
zum Schutz der Arten.
Leider erhebt man auch in Gonfaron quasi den Alleinanspruch das Richtige zu
tun, während private Halter dazu nicht in der Lage sind. Es werden Unterschriften
dafür gesammelt, daß die Schildkröte als Wildtier in die Natur
gehört und nicht in Menschenhand.
Trotzdem lohnt sich ein Besuch in dem Dorf auf jeden Fall.